Zusammenfassung des Urteils BV 2005/33: Versicherungsgericht
Es handelt sich um einen Fall vor dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, bei dem es um die Überprüfung einer Reglementsänderung geht, die die Überentschädigungsgrenze für Invalidenrenten senkt und ein zumutbarerweise noch erzielbares Einkommen berücksichtigt. Die Klägerin fordert die Rückgängigmachung einer Rentenkürzung und beklagt die plötzliche und massive Rentenkürzung als Verstoss gegen Treu und Glauben. Das Gericht entscheidet zugunsten der Klägerin und verpflichtet die Beklagte, eine gekürzte Rente rückwirkend ab 1. Juni 2005 zu zahlen. Es werden keine Gerichtskosten erhoben, und die Beklagte muss der Klägerin eine Parteientschädigung von CHF 2'500.- zahlen. Das Gericht ordnet auch an, dass die Beklagte Verzugszinsen zu 5% seit dem 9. Dezember 2005 auf den ausstehenden Leistungen zahlen muss.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | BV 2005/33 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | Versicherungsgericht |
Datum: | 20.12.2006 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 24 BVV2. Überprüfung einer Reglementsänderung, mit welcher die Überentschädigungsgrenze auf 90% des mutmasslich entgangenen Verdienstes gesenkt und bei den anrechenbaren Einkünften ein zumutbarerweise noch erzielbares Einkommen berücksichtigt wird. Grundsätzliche Zulässigkeit der Reglementsänderung. Im konkreten Fall Verzicht auf Anrechnung eines zumutbarerweise noch erzielbaren Einkommens, da die Restarbeitsfähigkeit von 25% als nicht verwertbar erachtet wurde (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 2006, BV 2005/33). |
Schlagwörter : | Reglement; Recht; Reglements; Rente; Arbeit; Invaliden; Leistung; Einkommen; Renten; Überentschädigung; Person; Vorsorge; Resterwerb; Resterwerbs; Erwerbs; Leistungen; Beklagten; IV-act; Versicherungsgericht; Restarbeitsfähigkeit; Erwerbseinkommen; Klage; Zeitpunkt; Einkommens; Pensionskasse; Rechte |
Rechtsnorm: | Art. 104 OR ;Art. 105 OR ;Art. 16 ATSG ;Art. 24 BV ;Art. 34a BV ;Art. 73 BV ;Art. 91 BV ; |
Referenz BGE: | 117 V 221; 119 V 133; 121 V 362; 121 V 366; 122 V 316; 122 V 6; 124 V 279; 126 V 468; 126 V 75; 127 V 467; |
Kommentar: | - |
Präsident Martin Rutishauser, Versicherungsrichter Joachim Huber, Versicherungsrichterin Lisbeth Mattle Frei; Gerichtsschreiber Walter Schmid
Entscheid vom 20. Dezember 2006 In Sachen
M.
Klägerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Felix Schmid, Oberer Graben 42, 9000 St. Gallen, gegen
U.
Beklagte,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. Isabelle Vetter-Schreiber, Seestrasse 6, 8027 Zürich,
betreffend
Invalidenrente (Rentenkürzung)
hat das Versicherungsgericht in Erwägung gezogen: I.
A.- Die 1959 geborene M. war aufgrund ihrer Tätigkeit bei der X. , bei der U. (nachfolgend: Pensionskasse) vorsorgeversichert. Seit 1. Februar 2000 richtete ihr die Invalidenversicherung Rentenleistungen auf der Basis eines IV-Grads von 75% aus (act. G 5 /3). Mit Wirkung ab 1. Februar 2001 sprach ihr die Pensionskasse eine Invalidenrente von Fr. 1'766.-sowie eine Kinderrente von Fr. 401.-pro Monat zu. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2004 teilte die Pensionskasse sämtlichen Versicherten mit, dass ab 1. Januar 2005 die Hinterlassenenund Invalidenrenten gekürzt würden,
wenn sie zusammen mit anderen anrechenbaren Einkünften 90% des mutmasslich entgangenen Verdienstes der versicherten Person (bisher 100% des BruttoGesamteinkommens) übersteigen würden. Bei der Berechnung der Überentschädigung werde auch das weiterhin erzielte sowie das zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbseinkommen (und/oder Erwerbsersatzleistungen) berücksichtigt (act. G 5 /2). Am 4. April 2005 teilte die Pensionskasse der Versicherten die aufgrund der geänderten Überentschädigungsgrenze und unter Berücksichtigung eines zumutbarerweise noch erzielbaren Erwerbseinkommens berechneten Leistungen ab 1. Juni 2005 (Invalidenrente 100% von Fr. 512.-- und Invalidenkinderrente von Fr. 116.-monatlich) mit (act. G 1.1 /2). Auf ein Schreiben des Rechtsvertreters der Versicherten vom 4. Mai 2005 (act. G 1.1 /3) begründete die Pensionskasse die Neuberechnung der Renten und bestätigte deren Höhe (act. G 1.1 /4). Hiezu äusserte sich der Rechtsvertreter der Versicherten mit Schreiben vom 8. Juni 2005 (act. G 1.1 /5), worauf die Pensionskasse ihren Standpunkt mit Schreiben ihrer Rechtsvertreterin vom 14. Juli 2005 bestätigten liess (act. G 1.1 /6).
B.- Mit Eingabe vom 9. Dezember 2005 liess die Versicherte durch Rechtsanwalt Dr. F. Schmid, St. Gallen, Klage erheben mit den Anträgen, die Pensionskasse sei zu verpflichten, die per 1. Juni 2005 vorgenommene Rentenkürzung rückgängig zu machen und der Klägerin unter Anrechnung der bisherigen Leistungen rückwirkend die volle Rente nebst 5% Zins seit mittlerem Verfall auszubezahlen; eventualiter sei die Beklagte zu verpflichten, die per 1. Juni 2005 vorgenommene Rentenkürzung rückgängig zu machen und bei der Berechnung des zumutbarerweise noch erzielbaren Erwerbseinkommens die konkreten Umstände zu berücksichtigen und subeventualiter den Beginn der Rentenkürzung auf später festzulegen; alles unter Kostenund Entschädigungsfolge. Zur Begründung liess die Klägerin unter anderem ausführen, eine Anpassung der Invalidenrente sei wegen eines unzureichenden Änderungsvorbehaltes im alten Reglement der Beklagten nicht zulässig und stelle einen massiven Eingriff in wohl erworbene Rechte dar. So sei der Versicherungsfall bereits unter dem alten Reglement eingetreten, womit dieses weiterhin Gültigkeit beanspruche. Eine so plötzliche und massive Rentenkürzung verstosse gegen Treu und Glauben. Ein sachlicher Grund für eine eigentliche Rentenrevision sei nirgends dargetan. Sowohl gemäss neuem als auch nach altem Reglement könne eine Neuberechnung der Leistung nur stattfinden bei Veränderung bei den anrechenbaren Einkünften, einer
Neueinstufung durch die IV bei Wegfall Gewährung einer Kinderoder Waisenrente. Keine dieser Voraussetzungen sei erfüllt. Bezeichnend sei auch, dass im neuen Reglement für die bisherigen Versicherten das alte Reglement grundsätzlich als gültig bezeichnet werde und nur gerade diejenige neue Bestimmung, welche die umstrittenen Kürzungsbestimmungen enthalte, anwendbar sein solle. Diese einzige Ausnahme für die Nichtanwendung des alten Reglements erscheine willkürlich, verletze den Vertrauensgrundsatz und den generellen Grundsatz der Anwendbarkeit des bei Rentenentstehung gültigen Reglements. Überdies dürften alle Versicherten davon ausgehen, dass bei Reglementsänderungen der Besitzstand gewahrt werde, wie er im alten Reglement in Art. 86 umschrieben sei. Nach der Rechtsprechung dürften Leistungsänderungen aufgrund von Gesetzesänderungen nicht in wohl erworbene Rechte eingreifen. Die Rentenkürzung erfolge aufgrund einer Änderung auf Verordnungsstufe. Ihr komme jedoch eine solch enorme Bedeutung zu, dass diese einer Gesetzesänderung entspreche bzw. im ordentlichen Verfahren der Gesetzgebung hätte erlassen werden müssen. Es stelle sich ausserdem die Frage, ob der Bundesrat mit der Änderung von Art. 24 BVV2 überhaupt innerhalb seiner Kompetenz gehandelt habe. Sollte das Gericht zum Schluss kommen, dass die streitige Reglementsänderung Anwendung finden könne, sei insbesondere bestritten, dass die Beklagte bezüglich des zumutbarerweise noch erzielbaren Einkommens auf den Invaliditätsgrad der Invalidenversicherung abstellen dürfe. Bei einer allfälligen Kürzung sei das zumutbarerweise erzielbare Einkommen im Sinn eines Einzelfalls konkret zu bestimmen. Unbeachtlich bleiben müssten von vornherein die Befürchtungen der Beklagten, dass sie ohne wesentlichen Personalmehraufwand nicht in der Lage sei, jeden Einzelfall konkret zu überprüfen. Eine korrekte Pensionskassenverwaltung könne nicht eine Kostenfrage sein. Für die Klägerin als lediglich zu 25% Arbeitsfähige sei es wesentlich schwieriger, eine Stelle zu finden, als für eine zu 100% arbeitsfähige Stellensuchende. Arbeitssuchende mit einer solch geringen Arbeitsfähigkeit seien auf dem Arbeitsmarkt nicht, allenfalls nur in sehr spezialisierten Berufen, gefragt. Zudem sei die Klägerin über längere Zeit erwerbslos gewesen, womit es ihr besonders schwer falle, sich erneut in das Arbeitsleben zu integrieren. Dass es mit einer 25%igen Arbeitsfähigkeit kaum möglich sei, eine Stelle zu finden, zeige sich auch in der Tatsache, dass die ehemalige Arbeitgeberin keine Bemühungen unternommen habe, die Klägerin zumindest noch zu 25% weiter zu beschäftigen. Wenn die X. für sie
keine Stelle finde, wo solle sie dann sonst eine solche finden. Ihre Resterwerbsfähigkeit sei nicht mehr verwertbar. Zu erwähnen sei auch, dass die Übergangsfrist von der alten zur neuen Rente durch die Beklagte viel zu kurz angesetzt worden sei. Der Klägerin sei so kaum Zeit geblieben,
Eingliederungsmassnahmen zu ergreifen und sich auf die neue Situation einzustellen. Die Beklagte hätte zudem beachten müssen, dass sie gegenüber ihren Versicherten nicht nur einer Informationspflicht nachzukommen habe, sondern auch individuell hätte aufzeigen müssen, wie diese die Leistungskürzungen tatsächlich kompensieren könnten. Subeventualiter sei daher der Beginn der Rentenkürzung auf später festzulegen. Die streitige Kürzungsmöglichkeit treffe vor allem Kleinlohnbezüger. Absurd sei auch, dass bei gleichen Fallkonstellationen bei Bezügern von Kinderrenten Kürzungen vorkommen könnten, bei kinderlosen Versicherten in der gleichen Situation jedoch nicht. Dies würde letztlich dazu führen, dass die Pensionskassen auf Kosten der Invalidenversicherung massive Einsparungen vornehmen könnten. Nur gerade in einem Fall, nämlich dann, wenn jemand eine Stelle finden und seine Resterwerbsfähigkeit verwerten könnte, dies aber aus persönlichen Gründen unterlasse, führe die streitige Kürzungsregelung zu einem befriedigendem Ergebnis. Dieser Nachweis obliege jedoch der Beklagten.
C.- In der Klageantwort vom 17. Februar 2006 beantragte Rechtsanwältin
Dr. I. Vetter-Schreiber, Zürich, für die Beklagte Abweisung der Klage, unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Klägerin. Zur Begründung hielt die Rechtsvertreterin unter anderem fest, die Beklagte habe sich die einseitige und jederzeitige Abänderbarkeit ihres Reglements durch die Delegiertenversammlung rechtmässig vorbehalten. Sie habe von diesem einseitigen Abänderungsrecht konkret Gebrauch gemacht. Die neue Überentschädigungsregelung sei der Klarheit halber explizit auch auf diejenigen versicherten Personen anwendbar erklärt worden, die vor dem 31. Dezember 2004 aus dem Dienst eines X. -Unternehmens ausgeschieden seien. Damit seien auch die laufenden Leistungsfälle erfasst. Die streitige Änderung verletze auch keine wohl erworbenen Rechte der Klägerin. Die bisherige reglementarische Überentschädigungsgrenze als wohl erworbenes Recht zu qualifizieren, sei nicht möglich. Die Beklagte habe der Klägerin mit der
Reglementsänderung keine Rechtsansprüche auf Leistungen entzogen. Die Änderung betreffe den überobligatorischen und freiwilligen Bereich der Beklagten. Es lägen keine Rechtsansprüche aus zwingenden gesetzlichen Bestimmungen vor. Die Kürzung sei sachlich gerechtfertigt. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der versicherten Personen gebiete, dass diejenigen Invaliden, die "freiwillig" keiner Teilerwerbstätigkeit nachgehen würden, finanziell nicht gleichgestellt würden denjenigen Invaliden, die ihre Restarbeitsfähigkeit verwerten würden. Die IV gehe bei der Bestimmung des Invalideneinkommens primär von der beruflich-erwerblichen Situation aus, in welcher die versicherte Person konkret stehe. Sei kein tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben, könnten rechtsprechungsgemäss Tabellenlöhne herangezogen werden. Gegenüber der Klägerin habe die IV das Invalideneinkommen konkret, in Prozenten des zuletzt tatsächlich erzielten Einkommens, festgelegt. Der Einwand der Klägerin, das anrechenbare Resterwerbseinkommen sei im Sinn eines Einzelfalls konkret zu bestimmen, treffe damit ins Leere. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass bei demjenigen Rentenbezüger, bei dem sich das anrechenbare Resterwerbseinkommen nicht aufgrund des (zuletzt) effektiv erzielten Einkommens bestimmen lasse, die Zuhilfenahme von Zahlen der Lohnstrukturerhebung unumgänglich sei. Die Behauptung der Klägerin, eine Restarbeitsfähigkeit von 25% sei nicht verwertbar, müsse bestritten werden. Es gebe sowohl bei der X. Teilzeitbeschäftigungen im Umfang von etwa 25% als auch beispielsweise in der Gastronomie, im Bereich der Haushalthilfe bei der Verteilung der Zeitungen in die Haushalte. Die Beklagte habe nur für invaliditätsbedingten Erwerbsausfall aufzukommen. Soweit der Erwerbsausfall auf invaliditätsfremde Faktoren zurückzuführen sei, sei deren Deckung nicht Aufgabe der Beklagten. Ohne Einbezug des in diesem Sinn verstandenen zumutbarerweise erzielbaren Resterwerbseinkommens würde das Leistungsziel, welches jede der einzelnen zusammenfallenden Leistungen erreichen wolle, ohne innere sachlogische Berechtigung unterlaufen. Es würden "Koordinationsgewinne" erzielt, die mit den sozialpolitischen Zielsetzungen der Leistungszusprachen in Gesetz und Reglement, aber auch mit dem Sinn und Ziel des Überentschädigungsverbots, nicht vereinbar wären. Der Klägerin seien sechs Monate zur Verfügung gestanden, um sich im Hinblick auf die Neuregelung zu organisieren. Damit sei ihr eine angemessene Übergangsfrist eingeräumt worden. Die Klägerin habe diese Zeit verstreichen lassen, ohne auch nur
mit der Suche einer Teilzeitstelle zu beginnen. Sie sei ihrer Pflicht zur Schadenminderung nicht nachgekommen.
D.- Mit Replik vom 9. März 2006 hielt die Klägerin an ihrem Standpunkt fest. In der Duplik vom 6. Juni 2006 bestätigte die Rechtsvertreterin der Beklagten ihren Antrag und ihre Ausführungen.
E.- Das Versicherungsgericht zog die Akten der Invalidenversicherung betreffend die Klägerin bei. Die Parteien nahmen in diese Akten Einsicht und äusserten sich mit Eingaben vom 22. August 2006 (act. G 23) sowie 15. September 2006 (act. G 26).
F.- Mit Schreiben vom 21. November 2006 teilte die Rechtsvertreterin der Beklagten unter Einreichung einer Verfügung der IV vom 10. November 2006 mit, infolge rechtskräftiger Scheidung sei eine Neuberechnung der Invalidenrente zugunsten der Klägerin erfolgt. Am 24. November 2006 reichte die Rechtsvertreterin der Beklagten die Verfügung der IV vom 14. November 2006 ein, gemäss welcher der Klägerin ab 1. Januar 2007 eine halbe Rente auf der Basis eines IV-Grades von 58% zusteht. Sie stellte eine Anpassung der Überentschädigungsberechnung in Aussicht.
G.- Die Parteien verzichteten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
II.
1.- Am 1. Januar 2005 trat die 1. BVG-Revision, welche auch eine Änderung der Regelung der Überentschädigungsabschöpfung (insbesondere Art. 24 Abs. 2 BVV 2) mit sich brachte, in Kraft. - In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467; vorliegend: Überversicherungsberechnung ab 1. Juni 2005). Ferner stellt das Versicherungsgericht bei der Fall-Beurteilung grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Entscheids eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 121 V 366; RKUV 2001
S. 101). Grundlage des vorliegenden Klageverfahrens bildet nicht ein Rechtsmittelentscheid einer Vorinstanz. Hingegen steht fest, dass die Beklagte ihren
Standpunkt mit Schreiben vom 14. Juli 2005 (act. G 1.1 /6) bestätigte. Hierauf leitete die Klägerin am 9. Dezember 2005 das Klageverfahren vor Versicherungsgericht ein, welches Leistungsansprüche ab 1. Juni 2005 betrifft. Mit Blick auf diese Gegebenheiten ist konkret das ab 1. Januar 2005 gültige Recht der obligatorischen beruflichen Vorsorge anzuwenden, soweit ihm neben den reglementarischen Regelungen der Beklagten eine eigenständige Bedeutung zukommt.
2.a) Die Vorsorgeeinrichtung kann die Hinterlassenenund Invalidenleistungen kürzen, soweit sie zusammen mit anderen anrechenbaren Einkünften 90 Prozent des mutmasslich entgangenen Verdienstes übersteigen (Art. 24 Abs. 1 BVV2). Als anrechenbare Einkünfte gelten Leistungen gleicher Art und Zweckbestimmung, die der anspruchsberechtigten Person aufgrund des schädigenden Ereignisses ausgerichtet werden, wie Renten Kapitalleistungen mit ihrem Rentenumwandlungswert inund ausländischer Sozialversicherungen und Vorsorgeeinrichtungen mit Ausnahme von Hilflosenentschädigungen, Abfindungen und ähnlichen Leistungen. Bezügern von Invalidenleistungen wird überdies das weiterhin erzielte zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbseinkommen angerechnet (Art. 24 Abs. 2 BVV2). Die Vorsorgeeinrichtung kann die Voraussetzungen und den Umfang einer Kürzung jederzeit überprüfen und ihre Leistungen anpassen, wenn die Verhältnisse sich wesentlich ändern (Art. 24 Abs. 5 BVV2). Gemäss Art. 20 Abs. 1 des ab 1. Januar 2005 gültigen Reglements der Beklagten werden Hinterlassenenund Invalidenleistungen gekürzt, soweit sie zusammen mit anderen anrechenbaren Einkünften 90 Prozent des mutmasslich entgangenen Verdienstes der versicherten Person übersteigen. Als anrechenbare Einkünfte gelten nach Art. 20 Abs. 2 des Reglements unter anderem das weiterhin erzielte das zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbseinkommen (und/ Ersatzleistungen) bei Bezug von Invalidenleistungen.
Die einseitige Abänderbarkeit des Reglements durch die Vorsorgeeinrichtung setzt einen entsprechenden Abänderungsvorbehalt zugunsten der Vorsorgeeinrichtung im Reglement voraus, welchem die versicherte Person mit der Annahme des Vorsorgevertrages ausdrücklich durch konkludentes Verhalten zugestimmt hat. Das konkludente Verhalten kann insbesondere in der vorbehaltlosen Entgegennahme des Vorsorgereglements durch die versicherte Person in der Bezahlung entsprechender Beiträge bestehen (BGE 117 V 221 Erw. 4). Art. 89 des von 1. Januar
1998 bis 31. Dezember 2004 gültig gewesenen Reglements der Beklagten sah eine jederzeitige Abänderbarkeit des Reglements durch die Delegiertenversammlung unter Beachtung der gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Vorschriften vor (act. G 1.1 /8). Die Abänderung des Reglements fällt dabei in die alleinige Kompetenz der Delegiertenversammlung (Art. 67 Abs. 1 des Reglements 1998; Art. 68 Abs. 1 des Reglements 2005). Diese genehmigte die streitigen Änderungen am 24. Juni 2004. Die formellen Voraussetzungen einer einseitigen Abänderung waren damit erfüllt. Im Zeitpunkt der Inkraftsetzung der erwähnten geänderten Reglementsbestimmungen bezog die Klägerin bereits seit knapp vier Jahren eine Invalidenrente der Beklagten. Gemäss der Rechtsprechung kommen geänderte Überentschädigungsregelungen vorbehältlich anders lautender Übergangsbestimmungen der Verletzung eines wohl erworbenen Rechts auch auf die laufenden Rentenfälle zur Anwendung (BGE 122 V 316 Erw. 3c; zur Frage der unechten Rückwirkung vgl. BGE 122 V 6 Erw. 3; Urteil des Eidgenössischen vom 28. Dezember 2000 [B 44/98] Erw. 3 = BGE 126 V 468).
Die Klägerin lässt einwenden, sie sei durch die Reglementsänderungen in ihren wohl erworbenen Rechten verletzt. - Als wohl erworbenes Recht wird ein Anspruch verstanden, der auch bei einer Rechtsänderung weiterhin besteht. Finanzielle Dauerleistungen im Bereich der Sozialversicherung werden nur dann zu wohl erworbenen Rechten, wenn das jeweilige Gesetz die Beziehungen ein für alle Mal festgelegt bzw. von der Einwirkung der gesetzlichen Entwicklung ausgenommen hat wenn bestimmte, mit einem Anstellungsverhältnis verbundene Zusicherungen abgegeben wurden. Ein über die zwingenden Gesetzesbestimmungen hinausgehender reglementarischer Leistungsanspruch wird nur dann zum wohl erworbenen Recht, wenn er vom Reglement als unabänderlich zugesichert ist. Wenn das bisherige Recht auf dem Gebiet der Überentschädigung ändert, steht der entsprechenden Anpassung der laufenden Leistungen der beruflichen Vorsorge unter dem Titel des wohl erworbenen Rechts nichts entgegen (U. KIESER, Besitzstand, Anwartschaften und wohl erworbene Rechte in der beruflichen Vorsorge, SZS 1999, 299 und 314; HANS ULRICH STAUFFER, Berufliche Vorsorge, Zürich 2005, Rz 1345-1356). Gemäss Art. 84 Abs. 3 des Reglements 2005 gelten für versicherte Personen, die bis am 31. Dezember 2004 aus dem Dienst eines X. -Unternehmens ausgeschieden sind, sowie für ihre versicherten Angehörigen bezüglich der finanziellen Rechte und Pflichten die bisher gültigen Regelungen weiter. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen von Art. 84 Abs. 4
(betreffend anlässlich von Reglementsrevisionen in den Jahren 1990 und 1998 beschlossene Ausnahmen) sowie Art. 20 des Reglements. Die mit Wirkung ab 1. Januar 2005 eingeführte Überentschädigungsregelung (Art. 20 des Reglements) - und damit insbesondere die Überentschädigungsgrenze von 90% des mutmasslich entgangenen Verdienstes sowie die Anrechnung eines zumutbarerweise noch erzielbaren Einkommens greift angesichts der dargelegten rechtlichen Gegebenheiten nicht in wohl erworbene Rechte ein und hat daher auch für die Klägerin Gültigkeit. Die Reglementsänderung verletzt weder das Willkürverbot noch verstösst sie gegen das Gebot der Rechtsgleichheit den Grundsatz von Treu und Glauben. So betrifft sie insbesondere sämtliche versicherte Personen und ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Die Anrechnung eines zumutbarerweise erzielbaren Resterwerbs dient insofern der Durchsetzung der Rechtsgleichheit, als diejenigen invaliden Personen, welche auf eine Teilerwerbstätigkeit verzichten, obschon eine solche möglich wäre, mit denjenigen invaliden Personen gleichgestellt werden, die ihre Restarbeitsfähigkeit verwerten. Die Festsetzung der Überentschädigungsgrenze auf 90% hatte im Fall von Art. 24 Abs. 1 BVV2 insbesondere den Sinn, versicherte Personen nach Eintritt des Gesundheitsschadens nicht finanziell besser zu stellen, als sie es ohne Gesundheitsschaden wären (vgl. dazu F. SCHLAURI, Die Überentschädigungsabschöpfung in der weitergehenden beruflichen Vorsorge, in: Schaffhauser/Stauffer Hrsg., Berufliche Vorsorge 2002, S. 89 bis 91; zur Gesetzmässigkeit dieser Limite vgl. BGE 124 V 279 Erw. 1). Mit der Senkung der Überentschädigungsgrenze von 100% auf 90% blieb der Rentenanspruch als solcher unangetastet, und eine Neuberechnung der Leistung im Sinn von Art. 23 Ziff. 11 des Reglements 1998 lag nicht vor. Es wurde vielmehr die seit 1985 geltende Regelung von Art. 24 Abs. 1 BVV2 nachträglich ins Reglement übernommen und damit eine Anpassung an das BVG-Obligatorium vorgenommen. Die Reglementsänderung betraf somit den überobligatorischen Bereich, und die Klägerin widersetzte sich wie erwähnt der Abänderbarkeit des Reglements durch die Beklagte bzw. die Delegiertenversammlung nicht.
Wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang die Übergangsund Schlussbestimmung von Art. 86 des Reglements 1998 betreffend Wahrung des Besitzstandes anführt, so ist festzuhalten, dass diese Regelung übergangsrechtliche Fragen bei Ablösung des ab 1. Januar 1990 gültig gewesenen Reglements (vgl. Art. 90 des Reglements 1998) zum
Gegenstand hatte. Für übergangsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Ablösung des Reglements 1998 kommt der erwähnten Bestimmung somit zum vornherein keine Bedeutung zu. Dies umso mehr, als der Rentenanspruch der Klägerin erst lange nach Ablösung des Reglements 1990 entstand. Übergangsrechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Einführung des Reglements 2005 sind anhand der Übergangsbestimmungen dieses Reglements zu klären. Was im übrigen den Hinweis der Klägerin auf Art. 91 BVG betrifft, wonach das BVG nicht in Rechte der Versicherten eingreift, die sie vor seinem Inkrafttreten erworben haben, so lässt sich daraus jedenfalls nicht ableiten, dass der lange nach Inkrafttreten des BVG entstandene Rentenanspruch der Klägerin unantastbar sei (vgl. dazu SZS 1994, 380, Erw. 7a).
Die Klägerin lässt sodann vorbringen, der Verordnungsänderung komme eine solch enorme Bedeutung zu, dass diese einer Gesetzesänderung entspreche bzw. im ordentlichen Verfahren der Gesetzgebung hätte erlassen werden müssen. Sie lässt in Frage stellen, ob der Bundesrat mit der Änderung von Art. 24 BVV2 überhaupt innerhalb seiner Kompetenz gehandelt habe (act. G 1). - Nach Art. 34a BVG erlässt der Bundesrat Vorschriften zur Verhinderung ungerechtfertigter Vorteile des Versicherten seiner Hinterlassenen beim Zusammentreffen mehrerer Leistungen. Die genügende Bestimmtheit der Norm bzw. die Voraussehbarkeit von Rechtsfolgen ist Ausfluss des Rechtssicherheitsgebots (vgl. zu diesen Grundsätzen allgemein MAX IMBODEN/RENÉ A. RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. I, Nr. 59 B.II.i; RENÉ A. RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Nr. 20 B.X.d). Der Umstand, dass durch einen Verzicht auf eine Anrechnung eines zumutba-rerweise erzielbaren Erwerbs einzelne Leistungsempfänger, die auf die Aufnahme einer zumutbaren Tätigkeit verzichten, gegenüber anderen, die ihre Resterwerbsfähigkeit nutzen, unter Umständen ungerechtfertigt besser gestellt werden, wurde bereits dargelegt. Mit dem Erlass von Art. 24 Abs. 2 BVV2 machte der Verordnungsgeber von der ihm in Art. 34a BVG eingeräumten Kompetenz Gebrauch, ungerechtfertigte Vorteile der versicherten Person zu verhindern, indem er unter anderem das zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbseinkommen als anrechenbar erklärte. Von einer nicht voraussehbaren ungewöhnlichen Rechtsfolge, mit welcher unter keinen Umständen zu rechnen war, kann dabei nicht ausgegangen werden. Angesichts des klaren Gesetzesauftrags,
welcher einen überaus weiten Gestaltungsspielraum beinhaltet (vgl. Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 28. Dezember 2004 [B 44/98] Erw. 6d), ist eine Kompetenzüberschreitung nicht ersichtlich.
3.a) Die Beklagte stellte bei der Festlegung des zumutbarerweise erzielbaren Resterwerbseinkommens auf das von der Invalidenversicherung festgestellte Invalideneinkommen von Fr. 1'198.-pro Monat ab (act. G 5 /4). Sie begründete dies unter anderem damit, dass die IV bei der Bestimmung des Invalideneinkommens primär von der beruflich-erwerblichen Situation ausgehe, in welcher die versicherte Person konkret stehe. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die versicherte Person die verbleibende Resterwerbsfähigkeit voll umsetze, von einem Arbeitsverhältnis von Dauer ausgegangen werden könne und wenn das Arbeitsverhältnis nicht bloss einen einmaligen "absoluten Glücksfall" darstelle. Sei kein tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben, könnten rechtsprechungsgemäss Tabellenlöhne herangezogen werden. Die Frage, ob und in welchem Ausmass Tabellenlöhne herabzusetzen seien, hänge von den persönlichen und beruflichen Umständen des konkreten Einzelfalles ab (Alter, Dienstjahre, Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad), welche nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen seien (act. G 5 S. 10f mit Hinweis auf BGE 126 V 75). Gegenüber der Klägerin habe die IV das Invalideneinkommen konkret, in Prozenten des zuletzt tatsächlich erzielten Einkommens, festgelegt. Entsprechend der verbleibenden Resterwerbsfähigkeit von 25% sei das Invalideneinkommen auf einen Viertel des Valideneinkommens festgelegt worden. Entsprechend habe auch die Beklagte nach Rücksprache mit der ehemaligen Arbeitgeberin das mutmasslich entgangene Einkommen und gestützt darauf das anrechenbare Resterwerbseinkommen für das Jahr 2005 beziffert. Der Einwand der Klägerin, das anrechenbare Resterwerbseinkommen sei unter Berücksichtigung aller Rahmenbedingungen im Sinn eines Einzelfalls konkret zu bestimmen, treffe damit ins Leere. Die Beklagte habe sich entsprechend der IV - nicht auf irgendwelche Tabellenlöhne Statistiken, sondern auf die früheren konkreten Verhältnisse abgestützt (act. G 5 S. 11).
Nach Meinung des Bundesamtes für Sozialversicherung ist unter dem Begriff des zumutbarerweise noch erzielbaren Erwerbseinkommens dasjenige Einkommen zu verstehen, welches der Bezüger von Invalidenleistungen im Zeitpunkt der Vornahme
der Überentschädigungsberechnung effektiv noch erzielen könnte, unter Berücksichtigung der Umstände (Art und Ausmass der Behinderung) und des tatsächlichen Arbeitsmarktes (tatsächliche Situation auf der lokalen und regionalen Ebene, Anzahl der angebotenen Stellen im Verhältnis zu Stellensuchenden etc.). Folglich handle es sich nicht um das Einkommen, welches auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt erzielt werden könne, und es sei auch nicht zulässig, auf das Durchschnittseinkommen der betreffenden Branche auf das Einkommen, welches die IV-Stellen sowie die Suva für die Vornahme des Einkommensvergleichs bei der Berechnung des IV-Grades annehmen würden, abzustellen. Dies bedeute, dass die Vorsorgeeinrichtung, welche von dieser Bestimmung Gebrauch machen wolle, zur Verhinderung von ungerechtfertigten Kürzungen jeden Fall einzeln beurteilen müsse (Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 82 Rz 478).
Mit Art. 24 Abs. 2 BVV2 wird sichergestellt, dass Teilinvalide im Rahmen der Schadenminderung sich ein Erwerbseinkommen anrechnen lassen müssen und dass auch Taggelder der Arbeitslosenversicherung angerechnet werden können. Dabei erscheint es angesichts der weit reichenden Konsequenzen hinsichtlich der Leistungshöhe zwingend, für die Klärung der Frage der Anrechenbarkeit eines Einkommens eine Einzelfallprüfung zu verlangen. Diese Prüfung hat insbesondere der Höhe des IV-Grades und der Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit Rechnung zu tragen (so auch STAUFFER, a.a.O., S. 326). Eine generelle Anrechnung auf der Basis des von der IV ermittelten Invalideneinkommens würde dem Einzelfall insbesondere bei einem hohen Erwerbsunfähigkeitsgrad unter Umständen nicht gerecht, da diesfalls eine Verwertbarkeit der (kleinen) Resterwerbsfähigkeit häufig in Frage gestellt ist (vgl. auch
U. KIESER, Zumutbares Resterwerbseinkommen in der beruflichen Vorsorge, AJP 2/2005, S. 228f). In diesem Zusammenhang ist sodann zu beachten, dass zwischen dem mutmasslich entgangenen Verdienst als Faktor der Überversicherungsrechnung und dem IV-rechtlichen Valideneinkommen eine weitgehende Parallele, jedoch keine Kongruenz besteht: Während bei der Ermittlung des Valideneinkommens aufgrund des unterstellten ausgeglichenen Arbeitsmarktes (vgl. Art. 16 ATSG [SR 830.1]) von der konkreten Arbeitsmarktlage zu abstrahieren ist, sind bei der Festsetzung des mutmasslich entgangenen Verdienstes die spezifischen Gegebenheiten und tatsächlichen Chancen der versicherten Person auf dem jeweiligen Arbeitsmarkt mit zu berücksichtigen (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 2. September
2004 [B17/03]; SZS 2005, 321). Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, dies bei der Festlegung des zumutbarerweise erzielbaren Einkommens anders zu halten und auf eine Einzelfall-Prüfung zu verzichten.
Vorliegend kann wie nachstehend zu zeigen sein wird - die Frage, ob der für die Klägerin in Betracht kommende Arbeitsmarkt im Zeitpunkt der Prüfung der Überentschädigung bzw. nach diesem Zeitpunkt eine passende Stelle bereitgehalten hätte, mit Blick auf die fehlende Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit offen bleiben. Bei der verwertbaren Restarbeitsfähigkeit darf nicht von realitätsfremden Einsatzmöglichkeiten ausgegangen werden. Insbesondere kann von einer zumutbaren Tätigkeit dort nicht gesprochen werden, wo diese nur in so eingeschränkter Form möglich ist, dass sie der allgemeine Arbeitsmarkt praktisch nicht kennt dass sie nur unter nicht realistischem Entgegenkommen eines durchschnittlichen Arbeitgebers möglich wäre und das Finden einer entsprechenden Stelle deshalb zum vornherein als ausgeschlossen erscheint (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 3. Dezember 2003 i/S E.H, mit Hinweisen [I 349/01]). Nach der Rechtsprechung darf auf eine medizinisch-theoretische Restarbeitsfähigkeit von 50% nicht abgestellt werden, wenn sie praktisch nicht ausgenützt werden kann. Besteht nämlich die 50%ige Arbeitsfähigkeit nur für eine Arbeit ohne ständiges Bücken, Heben Tragen schwerer Lasten, ist es beispielsweise einem Maurer nicht möglich, in seinem angestammten Beruf tätig zu sein. Auch kann von einem immer als Maurer tätig gewesenen Versicherten in einem gewissen Alter vernünftigerweise nicht verlangt werden, auf eine andere Tätigkeit umzusteigen. Ebenso kann nicht auf eine Restarbeitsfähigkeit von 25% abgestellt werden, wenn diese praktisch nicht verwertbar ist (RUMO-JUNGO, Bundesgesetz über die Unfallversicherung, 3. A., S. 115 und 116 mit Hinweisen; zur Frage der sozialpraktischen Verwertbarkeit der Arbeitsfähigkeit vgl. auch das Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 12. Oktober 2004 i/S
D. [I 299/04], Erw. 4.3.1 mit Hinweisen). Eine Resterwerbsfähigkeit von 30% wird im Bereich des Haftpflichtrechts als in der Regel nicht mehr verwertbar erachtet (Plädoyer 2002 Nr. 5, S. 60). - Im Gutachten des Begutachtungsinstituts B. vom 28. August 2000, welches unter anderem die Grundlage für die Rentenzusprechung an die Klägerin bildete, wurden als Diagnosen (mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit) eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine depressive Episode mittleren Grades sowie ein chronisches zervicosowie lumbalbetontes panvertebrales Schmerzsyndrom
festgehalten. Die Gutachter kamen zum Schluss, die Limitierung sei eindeutig im psychischen Bereich zu sehen. Bei der Explorandin bestehe in der angestammten Arbeit und in anderen Tätigkeiten seit dem Februar 1999 eine zumutbare Restarbeitsfähigkeit von 25% (IV-act. 15). Die Klägerin war nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit von 75% im Februar 1999 nach ihren eigenen Angaben nicht mehr erwerbstätig (vgl. IV-act. 33-1/2, 54-19/34, 54-8/34). Die ganze Rente wurde im Rahmen der IV-Revision 2002 bestätigt (IV-act. 22). Am 21. Juli 2005 wurde ein Antrag der Klägerin auf Rentenrevision abgelehnt, da bereits eine ganze Rente ausgerichtet werde (IV-act. 29). Am 16. August 2005 gab der Ehemann der Klägerin der IV-Stelle bekannt, seines Erachtens beziehe seine Frau zu Unrecht eine Rente. Sie arbeite an verschiedenen Orten in Restaurants; eines davon sei das Restaurant Z. . Sie wolle sich von ihm scheiden lassen (IV-act. 30). Eine Nachfrage der IV-Stelle im Restaurant Z. vom 22. August 2005 ergab, dass die Klägerin dort nie gearbeitet hat (IV-act. 31). Gemäss Auszug aus dem individuellen Konto hatte sie im Januar 2001 bei der X. ein Einkommen von Fr. 1'139.-erzielt und war vorher und nachher in den Jahren 2000 bis 2005 als Nichterwerbstätige erfasst (IV-act. 32, 53). Im Bericht vom 13. Mai 2005 diagnostizierten die Ärzte des Kantonsspitals C. neu eine chronisch obstruktive Pneumopathie (IV-act. 36). Die Gutachter des Instituts B. hielten im Gutachten vom
30. Juni 2006 als Ergebnis unter anderem fest, heute könne für eine körperlich leichte, adaptierte Tätigkeit eine Arbeitsfähigkeit von 50% attestiert werden. Hier habe sich insbesondere auf psychiatrischer Ebene eine deutliche Verbesserung der Situation ergeben, welche die höhere Arbeitsfähigkeit im Vergleich zur letzten Begutachtung im August 2000 begründe. Der Zeitpunkt der höheren Arbeitsfähigkeit sei retrospektiv schwierig einzuschätzen. In jedem Fall sei festzuhalten, dass seit dem Zeitpunkt der jetzigen Begutachtung eine zumutbare Arbeitsfähigkeit im genannten Ausmass bestehe (IV-act. 54-23/34). Mit Vorbescheid vom 11. September 2005 eröffnete die IV-Stelle die Reduktion der IV-Rente mit Wirkung ab 1. November 2006 (Beilage zu act. G 26).
Vorliegend ist der Zeitraum ab 1. Juni 2005 (Wirkungszeitpunkt der streitigen Überversicherungsberechnung) zu prüfen. Grundsätzlich bildet rechtsprechungsgemäss das Datum des angefochtenen Entscheids die zeitliche Grenze der richterlichen Prüfungsbefugnis (BGE 121 V 362 Erw. 1b mit Hinweisen; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 27. August 2002 [U 172/00] Erw. 3.2 und 4.2). Da hier kein solcher Entscheid vorliegt, ist als vergleichbare Grenze
ein Zeitpunkt zwischen dem 14. Juli 2005 (Bestätigung des Standpunktes durch die Beklagte; act. G 1.1 /6) und dem Zeitpunkt der Klageeinleitung (9. Dezember 2005) anzunehmen. Für die Beurteilung hat daher das Resultat der Begutachtung im Institut B. der Klägerin vom 4. April 2006 - Verbesserung des Gesundheitszustandes ab Begutachtungsdatum ausser Betracht zu bleiben. Dies umso mehr, als die Gesundheitsverbesserung erst ab 1. Januar 2007 zu einer Rentenänderung bei der IV führen wird (falls die IV-Verfügung vom 14. November 2006 in Rechtskraft erwächst). Die Frage, ob ab diesem Datum eine Überentschädigung vorliegt, ist von der Beklagten gegebenenfalls im Rahmen einer erneuten Prüfung unter Zugrundelegung der veränderten Umstände (einschliesslich der Neuberechnung der IV-Rente zufolge Scheidung; act. G 28) abzuklären.
Von einer Wiedereinstiegsmöglichkeit nach sechs Jahren mit einem kleinen Pensum von 25% konnte im hier zu prüfenden Zeitraum in dem der Klägerin zur Verfügung stehenden Bereich (leichte Hilfsarbeiten) angesichts des in psychischer Hinsicht eingeschränkten Gesundheitszustandes nicht überwiegend wahrscheinlich ausgegangen werden. Dies umso weniger, als die im Mai 2005 diagnostizierte chronisch obstruktive Pneumopathie (IV-act. 36) mit einer Tätigkeit in luftbelasteter Umgebung (etwa im Gastgewerbe) wohl nicht ohne weiteres vereinbar gewesen wäre. Das einmalig im Januar 2001 erzielte Einkommen bei der X. vermag eine dauerhafte Verwertbarkeit nicht zu belegen. Die Angabe des an einem hirnlokalen Psychosyndrom und an Epilepsie (vgl. IV-act. 36-1/8) leidenden Ehemannes betreffend Erwerbstätigkeit der Klägerin liess sich nicht belegen. Insbesondere lässt sich nicht ausschliessen, dass seine Aussage aufgrund des von ihm angegebenen Umstandes erfolgte, dass seine Frau sich von ihm scheiden lasse wolle (vgl. IV-act. 30). Hinzu kommt, dass der Ehemann offenbar auf die Pflege der Klägerin angewiesen war (IV-act. 54-7/34 unten). Die Ausübung weiterer Tätigkeiten ab 2001 wurde von der Klägerin wie erwähnt in Abrede gestellt.
Die Beklagte lässt ausführen, wenn das anrechenbare Resterwerbseinkommen eine Korrektur erfahre, so hätte dies auch für das mutmasslich entgangene Einkommen zu gelten. Dabei sei namentlich zu berücksichtigen, dass die erzielbaren Einkommen bei Teilzeitbeschäftigung im Verhältnis zu einer Entlöhnung bei Vollbeschäftigung relativ gesehen eher höher, sicher aber nicht tiefer ausfallen würden. Es entspreche nämlich
einer Erfahrungstatsache, dass teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter im Verhältnis zu vollbeschäftigten Arbeitnehmern, wiederum relativ gesehen, mehr leisten würden (act. G 5 S. 12). Dazu ist festzuhalten, dass das mutmasslich entgangene Einkommen wie erwähnt auf dem Einkommen basiert, welches die Klägerin als Gesunde verdiente bzw. (hypothetisch) ohne Eintritt des Gesundheitsschadens hätte verdienen können. Demgegenüber handelt es sich beim zumutbarerweise erzielbaren Resterwerb um das Einkommen nach Eintritt des Gesundheitsschadens. Die beiden Grössen stehen insofern in keinem Abhängigkeitsverhältnis. Wenn die Anrechenbarkeit eines Resterwerbs zufolge fehlender Verwertbarkeit wegfällt, so ändert sich damit an der Höhe des mutmasslich entgangenen Verdienstes nichts.
4.a) Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Klage in dem Sinn teilweise gutzuheissen, dass die Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen rückwirkend ab 1. Juni 2005 eine auf die Überentschädigungsgrenze von 90% gekürzte Rente (einschliesslich allfälliger Kinderrenten) zu erbringen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 73 Abs. 2 BVG). Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beklagte der Klägerin eine Parteientschädigung auszurichten. Es rechtfertigt sich, diese angesichts des teilweisen Obsiegens auf pauschal Fr. 2'500.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) festzulegen.
b) Im Bereich der beruflichen Vorsorge anerkennt die Rechtsprechung die Pflicht zur Entrichtung von Verzugszinsen bei einer verspäteten Überweisung von Freizügigkeitsleistungen, sowie bei verspäteter Auszahlung eines Alterskapitals bei Invalidenrenten (HANS-ULRICH STAUFFER, Rechtsprechung des Bundesgerichts zur beruflichen Vorsorge, 1996, S. 27). Enthalten die Statuten keine Bestimmung über die Höhe des Verzugszinses, beträgt dieser 5% (Art. 104 Abs. 1 OR). Der Beginn der Zinspflicht richtet sich nach Art. 105 Abs. 1 OR (BGE 119 V 133 Erw. 4 = Pra 83 (1994) Nr. 67); danach hat ein Schuldner, der mit der Entrichtung von Renten im Verzug ist, erst vom Tag der Anhebung der Betreibung der gerichtlichen Klage an Verzugszinsen zu bezahlen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin am 9. Dezember 2005 Klage beim Versicherungsgericht erhoben; somit schuldet ihr die Beklagte ab diesem Zeitpunkt Verzugszins zu 5% auf den ausstehenden Leistungen.
Demgemäss hat das Versicherungsgericht entschieden:
Die Klage wird in dem Sinn teilweise gutgeheissen, dass die Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen rückwirkend ab 1. Juni 2005 eine auf die Überentschädigungsgrenze von 90% gekürzte Rente zuzüglich Zins zu 5% seit 9. Dezember 2005 auf den ausstehenden Leistungen zu erbringen.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
Die Beklagte hat die Klägerin mit Fr. 2'500.-zu entschädigen.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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